3.6 - RENDERSETTINGS IN CYCLES
Render Engine
Da es in diesem Buch um fotorealistische Ergebnisse geht, ist Cycles die Engine der Wahl. Cycles ist ein Path Tracer, der Lichtstrahlen in die Szene schickt und das Bild mit jeder Berechnung weiter verfeinert. Der Vorteil: Das Ergebnis basiert auf physikalisch plausiblen Berechnungen und kommt der Realität sehr nahe. Der Nachteil: Es dauert länger als bei Echtzeit-Renderern wie Eevee.
Feature Set
- Supported: Die stabile, sichere Variante. Empfohlen für die meisten Projekte.
- Experimental: Kann zusätzliche Funktionen wie echtes Displacement mit Adaptive Subdivision freischalten. Allerdings besteht die Gefahr von Instabilität oder dass Funktionen in späteren Blender-Versionen wieder entfernt werden. Daher nur gezielt einsetzen.
CPU oder GPU Rendering
Cycles kann die Bildberechnung entweder auf der CPU oder der GPU ausführen.
- GPU Rendering ist in den meisten Fällen deutlich schneller und sollte bevorzugt werden.
- CPU Rendering eignet sich für sehr komplexe Szenen oder Effekte wie Caustics, die bisher nur auf der CPU berechnet werden können.
- Die Wahl hängt also stark von der individuellen Hardware ab.
Progressive Rendering
Cycles ist ein fortschreitender Renderer: Das Bild wird Schritt für Schritt verfeinert. Der Anwender entscheidet, ob er das Rendering nach einer bestimmten Anzahl von Samples, einem Zeitlimit oder beim Erreichen eines definierten Rauschschwellenwerts beendet.
Noise Threshold
- Der Noise Threshold legt fest, wie viel Bildrauschen akzeptiert wird.
- Beispiel:
- 0.01 → schneller, aber sichtbares Rauschen bleibt.
- 0.001 oder kleiner → sauberes Bild, aber längere Renderzeiten.
- Cycles prüft während des Renderns regelmäßig, ob der eingestellte Grenzwert erreicht ist.
Sampling
Samples geben an, wie viele Strahlen pro Pixel berechnet werden.
- Viewport Rendering: Die Standardeinstellungen reichen meist aus, um schnell eine gute Vorschau zu bekommen.
- Final Rendering: Die optimale Zahl hängt stark von der Szene ab:
- Wenig indirekte Beleuchtung und einfache Materialien → schon 500 Samples können genügen.
- Viele Glasflächen, Transparenzen, Subsurface-Scattering oder stark indirekt beleuchtete Bereiche → oft sind deutlich mehr Samples nötig.
Standardmäßig sind 4096 Samples eingestellt – in der Praxis lohnt es sich meist, mit einem deutlich kleineren Wert zu beginnen und bei Bedarf zu erhöhen.
Time Limit
Statt über die Anzahl der Samples lässt sich das Rendering auch durch ein Zeitlimit beenden.
- Ist die Zeit erreicht, wird das Bild ausgegeben – unabhängig davon, wie viele Samples berechnet wurden.
- Ein Wert von 0 deaktiviert das Zeitlimit.
- Diese Methode eignet sich besonders für Animationen, bei denen eine feste Renderzeit pro Frame wichtig ist.
Zusammenspiel von Noise Threshold und Samples
Cycles beendet das Rendering, sobald einer der beiden Bedingungen erfüllt ist:
- Der eingestellte Noise Threshold wird erreicht → Rendering stoppt, auch wenn die maximale Sample-Anzahl noch nicht ausgeschöpft ist (Zeitersparnis).
- Die maximale Sample-Anzahl ist erreicht, aber das Rauschen liegt noch über dem Threshold → Rendering stoppt trotzdem.
Denoising
Der Denoiser entfernt verbleibendes Restrauschen sehr effektiv.
- Vorteil: Deutlich sauberes Bild, auch bei geringerer Sample-Anzahl.
- Nachteil: Feine Strukturen (z. B. gebürstetes Metall, Sand, Putz) können vom Denoiser als Rauschen interpretiert und weichgezeichnet werden.
Praxis-Tipp:
- Ein Bild mit Denoising und eines ohne Denoising rendern. Anschließend beide Versionen in einem Bildbearbeitungsprogramm übereinanderlegen und die gewünschten Bereiche aus dem jeweiligen Bild übernehmen.
- Wer beide Varianten direkt aus Blender heraus speichern möchte, kann im Output sowohl die Combined– als auch die Noisy Image-Version aktivieren und speichern.
Light Paths
Der Tab Light Paths in den Rendereinstellungen ist sozusagen die „Schaltzentrale“ des Path Tracings. Dort legst du fest, wie oft Lichtstrahlen reflektieren, brechen oder sich zerstreuen dürfen, bevor Cycles sie stoppt.
Überblick über die Light Paths-Einstellungen
Max Bounces
- Obergrenze für die gesamte Anzahl an Sprüngen („Bounces“), die ein Lichtstrahl machen darf.
- Jeder Bounce = Reflexion, Brechung oder Streuung.
- Hoher Wert → realistisch, aber langsamer.
- Niedriger Wert → schneller, aber weniger korrekt (z. B. zu dunkle Räume).
Diffuse
- Anzahl der Bounces für diffuse Oberflächen (z. B. matte Wand).
* Zu niedriger Wert → Wände wirken zu dunkel, Licht verteilt sich nicht realistisch.
Glossy
- Bounces für glänzende Reflexionen (Metall, Lack, Spiegel).
- Zu niedriger Wert → Spiegelungen brechen nach 1–2 Reflexionen ab → kein „Spiegel im Spiegel“-Effekt.
Transmission
- Bounces für durchsichtige Materialien (Glas, Flüssigkeit).
- Zu niedriger Wert → Glas wirkt schwarz oder Licht durchdringt es nicht realistisch.
Volume
- Bounces für Volumen-Effekte (Nebel, Rauch, subsurface scattering).
- Zu niedriger Wert → Nebel/SSS wirkt „abgeschnitten“.
- Zu hoher Wert → Renderzeiten explodieren.
Transparent
- Anzahl der Bounces durch transparente Shader (Transparent BSDF, z. B. für Blättertexturen).
- Hohe Werte nötig bei Szenen mit vielen Ebenen (z. B. Baum mit 50 Blättern).
- Zu niedriger Wert → Flächen werden plötzlich schwarz.
Min Bounces
- Untergrenze: so viele Bounces werden immer gerechnet, auch wenn Cycles früher abbrechen könnte.
- Gut für Szenen, wo man sicherstellen will, dass Licht immer mindestens einmal reflektiert oder gebrochen wird.
Caustics
- Reflective Caustics: Licht, das über Spiegelungen fokussiert wird.
- Refractive Caustics: Licht, das durch Glas oder Wasser gebrochen wird und Muster wirft.
- Abschalten → weniger realistisch, aber viel schneller und rauschärmer.
Filter Glossy
- Glättet extrem scharfe Glanzlichter, indem sie „unscharf“ gemacht werden.
- Hilft, Fireflies (weiße Rauschpixel) zu reduzieren.
- Wert in Radiant:
- 0.0 → kein Filter (volle Schärfe, mehr Rauschen).
- 1.0 oder höher → Glanz wird weichgezeichnet, dafür stabilere Render.
Clamp Direct / Indirect
- Clamp Direct: begrenzt die maximale Helligkeit von direkten Lichtstrahlen (direkt von Lampe zur Kamera).
- Clamp Indirect: begrenzt Helligkeit von indirekten Bounces (Licht, das mehrfach reflektiert wurde).
- Ziel: Fireflies bekämpfen.
- Faustregel:
- Direct Clamping selten nötig, meist auf 0 (aus).
- Indirect Clamping: Werte 2–10, abhängig von Szene. Zu niedrig → unrealistisch dunkel.
Typische Presets:
- Schnelle Animationen:
-
- Max Bounces: 4–6
- Diffuse/Glossy/Transmission: 2–3
- Caustics: aus
- Clamp Indirect: 5–10
- Architektur-Visualisierung (Innenraum):
-
- Max Bounces: 12–16
- Diffuse: 6–8
- Glossy: 6–8
- Transmission: 12–16 (für Glas)
- Transparent: 8–16 (für Blätter)
- Produktvisualisierung (Glas/Metall):
-
- Max Bounces: 12
- Diffuse: 4
- Glossy: 12
- Transmission: 12
- Caustics: ein (wenn Glas wichtig ist)
Die Light Paths sind der große Kompromiss zwischen physikalischer Genauigkeit und Performance. Je mehr Bounces, desto realistischer, desto länger die Renderzeit.
Achtung: Echte Caustics können mit Cycles im GPU Rendering nicht berechnet werden. Hierfür muß zum CPU Rendering gewechselt werden. Genaue Infos hierzu findest du im Shader Kapitel unter Caustics (direkt im Anschluss an das Kapitel Glasshader).