2 - OBJEKTE UND GEOMETRIE

Die Grundlage jedes Renderings sind überzeugende 3D-Objekte mit korrekten Proportionen und feinen Details. Komplexe Szenen können am Ende aus Hunderten einzelner Objekte bestehen. Deshalb gilt es, die Geometrie mit Bedacht zu planen:
so niedrig wie möglich, aber so hoch unterteilt wie nötig. Eine Szene mit Millionen Polygonen kann selbst leistungsstarke Rechner erheblich verlangsamen.

2.1 - LEVEL OF DETAIL

Viele Modelle liegen in unterschiedlichen Auflösungen vor. Es ist sinnvoll, diese gezielt einzusetzen: Hochaufgelöste Objekte mit feinen Details gehören in den Vordergrund, während weiter entfernte Objekte auch in einer niedrigeren Detailstufe ausreichen. Dieses Prinzip – Level of Detail (LOD) – spart Rechenleistung, ohne die Bildqualität merklich zu beeinträchtigen.

2.2 - DISPLACEMENT MAPS

Eine weitere Möglichkeit, Detailreichtum zu erzeugen, ohne die Geometrie permanent aufzublähen, sind Displacement Maps. Obwohl sie im Shading-Kontext auftauchen, wirken sie nicht nur auf das Verhalten des Lichts, sondern verändern tatsächlich die Oberfläche des Objekts, indem sie zusätzliche Geometrie erzeugen.

Allerdings kann Displacement sehr speicherintensiv werden. Blender nutzt daher die Technik der Adaptive Subdivision: Bereiche, die sich nahe an der Kamera befinden, werden feiner unterteilt als Objekte im Hintergrund. So wird nur so viel Geometrie erzeugt, wie für das Rendering wirklich nötig ist.
Die Kunst liegt darin, Details sinnvoll zu verteilen: Manche Strukturen sollten als echte Geometrie modelliert werden, andere lassen sich effizienter über Texturen simulieren. Ein ausführliches Setup für Displacement Maps und die wichtigsten Einstellungen dazu folgt in einem eigenen Kapitel.

2.3 - ABGERUNDETE OBJEKTKANTEN

Ein erstaunlich wirkungsvoller Faktor für Realismus sind abgerundete Kanten. In der Realität ist keine Kante messerscharf – selbst winzige Radien erzeugen Lichtreflexe. Ohne diese Rundungen fehlt an Kanten der notwendige Reflexionswinkel, wodurch Objekte künstlich und flach wirken.

Das direkte Modellieren von Abrundungen ist oft unpraktisch, da es die Geometrie komplexer macht und spätere Anpassungen erschwert. Ein eleganterer Ansatz ist die Nutzung des Bevel-Modifiers, der die ursprüngliche Geometrie erhält und die Rundungen nur für Viewport und Rendering simuliert.

2.4 - REAL-WORLD-SCALE

Für glaubwürdige Renderings ist es entscheidend, dass Objekte in der richtigen Maßstabstreue erstellt werden. Blender versucht physikalische Eigenschaften wie Lichtausbreitung oder Tiefenschärfe so realistisch wie möglich zu simulieren. Wenn die Größenverhältnisse nicht stimmen, wirkt sich das direkt auf die Beleuchtung und Kameraeffekte aus.

Ein Beispiel: Eine Kerze kann in Blender – wie in der Realität – kein Fußballfeld ausleuchten. Ebenso hängt die Schärfentiefe stark von realistischen Objektgrößen und Abständen ab. Werden alle Objekte jedoch falsch, aber gleich skaliert, fällt dieser Fehler zunächst kaum auf. Trotzdem verhindert er ein überzeugend realistisches Ergebnis.

Die richtige Skalierung von Objekten und ganzen Szenen ist daher einer der am häufigsten unterschätzten Faktoren auf dem Weg zu einem fotorealistischen Rendering.

Apply Scale

Ein wichtiger Punkt beim Arbeiten mit realistischen Abmessungen in Blender ist der korrekte Umgang mit Skalierungen. Wenn du ein Objekt skalierst (z. B. mit `S` vergrößerst oder verkleinerst), ändert sich zwar seine Darstellung in der Szene, intern behält Blender aber die ursprüngliche Geometriegröße bei und multipliziert sie nur mit einem Skalierungsfaktor.

Das bedeutet:

Das Objekt sieht richtig aus, berechnet sich aber unter Umständen falsch – insbesondere bei physikalisch basierten Effekten, die auf realen Längeneinheiten (Meter oder Zentimeter) beruhen.

Ein typisches Beispiel ist Subsurface Scattering (SSS):

Hier wird angegeben, wie tief Licht in die Oberfläche eindringen kann – also eine physikalische Strecke. Wenn dein Objekt intern noch skaliert ist, stimmen diese Werte nicht mehr mit der tatsächlichen Größe überein, und das Ergebnis wirkt unnatürlich.

Die Lösung heißt Apply Scale.

Du findest diese Funktion im Menü:

`Object → Apply → Scale`

Dadurch wird die aktuelle Skalierung des Objekts dauerhaft auf die Geometrie angewendet. Das Objekt hat danach wieder den Skalierungsfaktor 1,0 / 1,0 / 1,0, und alle physikalisch relevanten Berechnungen (z. B. SSS, Partikelsysteme, Simulationen oder Bevel-Radien) funktionieren korrekt.

2.5 - Do’s & Don’ts für Geometrie im Rendering

Do’s

  • Realistische Maßstäbe verwenden: Immer in echten Größen modellieren (Meter, Zentimeter) – Licht und Kameraeffekte hängen direkt davon ab.
  • Level of Detail gezielt einsetzen: Feine Details nur dort, wo die Kamera sie auch sieht.
  • Bevel-Modifier nutzen: Abgerundete Kanten sorgen für realistische Lichtreflexe ohne unnötige Geometrie.
  • Displacement sparsam einsetzen: Nur dort, wo Strukturen wirklich Geometrie brauchen – den Rest über Texturen lösen.

Don’ts

  • Keine Übermodellierung: Millionen von Polygonen verlangsamen die Szene, ohne sichtbaren Mehrwert.
  • Keine falschen Maßstäbe: Auch wenn alles gleich skaliert ist, wirkt die Szene physikalisch inkorrekt.
  • Keine messerscharfen Kanten: Sie existieren in der Realität nicht und zerstören die Illusion von Materialität.
  • Nicht alles mit Geometrie lösen: Texturen und Shader sind oft effizienter und reichen für viele Details völlig aus.

2.6 - Gescannte 3D-Objekte

Neben klassisch modellierten Objekten spielen heute auch 3D-Scans eine wichtige Rolle. Mit moderner Photogrammetrie-Software wie Kiri-Engine lassen sich reale Objekte aus Fotos rekonstruieren und als 3D-Modelle in Blender importieren. Dadurch entstehen sehr detailreiche Oberflächen, die eine enorme Authentizität ins Rendering bringen – besonders bei organischen Objekten wie Steinen, Pflanzen, Stoffen oder Holz.

Da 3D-Scans häufig sehr polygonreich sind, empfiehlt es sich, sie nach dem Import zu optimieren: Mit Remesh oder Decimate Modifier lässt sich die Polygonanzahl reduzieren, ohne dass sichtbare Details verloren gehen. Auch die Texturen profitieren oft von einer Nachbearbeitung, etwa wenn Farbstiche korrigiert oder kleine Löcher geschlossen werden.

Die Stärke von Scans liegt vor allem darin, dass sie mikroskopische Unregelmäßigkeiten und Materialdetails erfassen, die sich manuell nur mit großem Aufwand nachbilden ließen. Für technische, glatte Objekte hingegen sind klassische Modelliermethoden oft effizienter.

Do’s für 3D-Scans

  • Optimieren: Nach dem Scan das Mesh bereinigen, um Polygonzahlen zu reduzieren.
  • Texturen nachbearbeiten: Farbstiche oder Unebenheiten korrigieren.
  • Gezielt einsetzen: Besonders für organische, detailreiche Objekte geeignet.
  • Maßstab prüfen: Nach dem Import die Objektgröße kontrollieren und ggf. anpassen.

Don’ts für 3D-Scans

  • Nicht ungefiltert verwenden: Rohscans sind meist zu polygonreich.
  • Keine glänzenden oder transparenten Objekte scannen: Diese liefern selten saubere Ergebnisse.
  • Nicht für alles einsetzen: Glatte technische Objekte besser modellieren.
  • Nicht auf sauberes Setup verzichten: Gleichmäßige Beleuchtung und neutraler Hintergrund sind Pflicht beim Fotografieren.